Was sagt der Kur´an über Polygamie ? Wie ist die Polygamie in unserer Zeit zu verstehen ?

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Mehrehe in unserer Zeit..

Antwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

der Islam spricht sich eindeutig für die gegenseitige Symphatie von Mann und Frau im ehelichen Rahmen aus. Diese Liebe sollte jedoch nicht irdisch begrenzt sein, sondern auch für die Ewigkeit andauern. Dazu sollte man seinen Partner im Namen Gottes lieben und man sollte sich daher auch vor Augen halten, welche Barmherzigkeit Gott in die Partnerschaft gelegt hat.

Als erstes muss man sich bewusst werden, dass der Islam die vorherherrschende Tradition der polytheistischen Araber, welche theoretisch hunderte von Frauen ehelichen konnten, auf vier Ehefrauen begrenzte. Es handelt sich also um keine Erweiterung, sondern um eine Einschränkung.

Auch diese Erlaubnis maximal vier Frauen heiraten zu dürfen ist stark eingeschränkt und nur dann erlaubt, wenn man gewisse Vorraussetzungen und Bedinungungen erfüllen kann.

Dazu gehören z.B. die gerechte Behandlung seiner Frauen, die finanzielle Möglichkeit all seiner Frauen eine eigene Unterkunft zu beschaffen, ihnen die notwendige Kleidung und Nahrung bereitzustellen usw.

Mit anderen Worten muss dieser Mann, je nach seinem Ermessen, alle Bedürfnisse seiner Frauen befriedigen können, damit die Polygamie für ihn erlaubt wird. ( Da viele muslimische Männer nicht einmal ihre eine einzige Ehefrau gerecht behandeln, kann keine Rede von einer Mehrehe sein)

Sollte er dies nicht können, so sollte er davon Abstand nehmen, da er im Jenseits von Gott für die Unterlassung seiner ehelichen Pflichten zur Rechenschaft gezogen wird und dies dann katastrophal für ihn enden kann.

Daher können wir festhalten, dass eine Mehrehe in solchen Fällen nicht erlaubt ist.
Ein Ausspruch des Propheten verdeutlicht dies:

Jemand, der zwei Ehefrauen hat und sich aber nur einer zuwendet und die andere stark vernachlässigt, wird am jüngsten Tag mit einer gelähmten Seite auferweckt werden (İbn-i Mace, Nikah, 47; Mişkâtü’l-mesabih, 2/196)

Die Polygamie

Gab es Polygamie  in den früheren Völkern? War der Islam die einzige Religion, die die Polygamie (unter bestimmten Vorraussetzungen) erlaubte?

Der Islam lehnte selten gängige Praktiken ab, sondern befreite sie von gewalttätigen und blasphemischen Aspekten. So nahm der Islam Rücksicht auf traditionelle Gewohnheiten in allen Bereichen. Es gab aber auch Bräuche die komplett verboten wurden. Dazu gehörten z.B. die Tötung der neugeborenen Töchter bei den vorislamischen Arabern oder die Zwangsheirat.

Wir wissen wir aus historischen Quellen, dass z.B. im alten Ägypten die Mehrehe erlaubt und gesellschaftlich anerkannt war.

Im damaligen Babylon konnte ein Mann, sofern seine Frau ,,unfruchtbar'' war oder an einer schweren Krankheit litt, eine weitere Frau ehelichen.

In China konnten wohlhabende Menschen ebenfalls eine zweite Frau heiraten.
Die Kinder dieser zweiten Ehe wurden der ersten Frau zugeschrieben.

Bei den alten Brahmanen konnte ein Mann, seiner Klasse gemäß, die Polygamie praktizieren (überliefert in ,,Vichnou ''). Laut dem ,,Apastamba'' jedoch war es dem Mann verboten eine zweite Frau zu heiraten, sofern sie Kinder, inbesondere Jungs, gebären konnte. In ähnlichen Traditionen musste die erste Frau der Klasse gemäß geheiratet werden, die zweite jedoch konnte auch von niedrigeren Ständen sein.

Auch im alten Persien war die Polygamie gängige Praxis.

Die alten Römer konnten sich Konkubinen nehmen und mit ihnen außerehelich verkehren.

Auch im mosaischen Glauben war die Mehrehe erlaubt. Im alten Testament wird überliefert, dass der Prophet David sehr viele Frauen heiratete, auch an vielen anderen Stellen wird die Polygamie erwähnt.

Im neuen Testament wird die Einehe nicht ausdrücklich vorgeschrieben, sondern lediglich empfohlen. Auch in christlichen Ländern war die Mehrehe bis zum 16.Jahrhundert erlaubt.

Die Mehrehe im Islam

Allah (c.c.) sagt:


Und wenn ihr befürchtet, nicht gerecht hinsichtlich der Waisen zu handeln, dann heiratet, was euch an Frauen gut scheint, zwei, drei oder vier. Wenn ihr aber befürchtet, nicht gerecht zu handeln, dann (nur) eine oder was eure rechte Hand besitzt. Das ist eher geeignet, daß ihr nicht ungerecht seid. (4/3)

Hier sieht man ganz klar, dass die Mehrehe lediglich eine Erlaubnis ist und von einer Pflicht nicht die Rede sein kann. Auch kann man hiervon ableiten, dass die Einehe aufgrund der Verpflichtungen einer Mehrehe vorgezogen wird, da, wie bereits erwähnt, die Unterlassung der ehelichen Verpflichtungen vor Gott eine gewaltige Sünde ist.

Islamische Prinzipien bei der Mehrehe zusammengefasst:

1) Wie bereits erwähnt ist die islamische Mehrehe keine Erweiterung, sondern eine Einschränkung auf vier Frauen. Als der obrige Vers herabgesandt wurde, kam ein Mann zum Propheten Muammad und teilte ihm mit, dass er zehn Frauen geehelicht hatte. Der Prophet wies ihn an sich vier seiner zehn Gattinen auszusuchen und sich von den Restlichen zu scheiden.

2) Die gerechte und gleichberechtigte Behandlung seiner Ehefrauen: Die körperlichen (wie z.B. Unterkunft, Nahrungsbeschaffung, Kleidung ect.) und seelischen Bedürfnisse müssen gleichberechtigt sichergestellt sein. Jedoch ist hier anzumerken, dass es fast unmöglich ist, unterschiedliche Personen, gleichmäßig zu lieben. Jede Frau hat physisch und psychisch unterschiedliche Eigenschaften und diese werden Unterschiede hervorrufen. Egal wie sehr sich der Mann bemüht, er wird die gleichmäßige Behandlung nicht leisten können.

Allah (c.c.) sagt:


Und ihr werdet zwischen den Frauen nicht gerecht handeln können, auch wenn ihr danach trachtet. Aber neigt nicht gänzlich (von einer weg zu der anderen), so daß ihr sie gleichsam in der Schwebe laßt. Und wenn ihr (es) wiedergutmacht und gottesfürchtig seid, gewiß, so ist Allah Allvergebend und Barmherzig. Und wenn die beiden sich trennen, wird Allah jeden aus Seiner Fülle bereichern. Allah ist Allumfassend und Allweise. (4/129,130)

Dieser Vers teilt uns mit, dass Allah (c.c.) den Menschen hinsichtlich seines Herzens und seiner Gefühle seinen Gattinnen gegenüber verzeiht, dieser muss aber sein Möglichstes versuchen, um gerecht zu sein. Wie eben erwähnt ist die absolute Abwendung verboten worden.

Dies meint auch der Ausspruch des Propheten:

Jemand, der zwei Ehefrauen hat und sich aber nur einer zuwendet und die andere stark vernachlässigt, wird am jüngsten Tag mit einer gelähmten Seite auferweckt werden (İbn-i Mace, Nikah, 47; Mişkâtü’l-mesabih, 2/196)

Der natürliche Wille der Frau ist es, ihren Ehemann mit keiner weiteren Frau teilen zu wollen. Genauso möchte eine unverheiratete Frau auch keine Ehe mit einem bereits verheirateten Mann. Daher muss eine Muslima zwar die Erlaubnis Gottes für die Polygamie annehmen, aber keine muslimische Frau kann dazu gedrängt werden.

Auch würde kein gläubiger Vater wollen, dass sein Schwiegersohn weitere Frauen ehelicht. Die Eifersucht der Ehefrau und die Barmherzigkeit des Schwiegervaters (ihrer Tochter gegenüber) würden dem entgegenstehen.

Ein Beispiel vom Propheten Muḥammad
:

 Fāṭima, die Tochter des Propheten war mit dem späteren zweiten Kalifen ʿĀlī verheiratet.

Als ʿĀlī nun eine weitere Ehe eingehen wollte, stellte sich Fāṭima dagegen. 

Die Tatsache, dass sich Fāṭima, die in der Erziehung des Gesandten Gottes aufwuchs, gegen die Entscheidung Alis stellte, zeigt ganz deutlich ihr Recht in solchen Fällen.

Als Fāṭima den Propheten benachrichtigte wurde dieser sehr zornig und verteidigte sie mit den Worten, dass ʿĀlī sich erst von ihr scheiden müsse, um eine andere Ehe einzugehen.

ʿĀlī sah daraufhin von seinen Plänen ab

Daher hat die Ehefrau bzw. der Schwiegervater ein gewisses ,,Veto-Recht", wenn es um die Polygamie geht.

Letzter Merksatz:
Der Islam verbietet die Mehrehe nicht, befürwortet sie aber auch nicht.
Es ist lediglich eine Erlaubnis, die in bestimmten Fällen erteilt wird.

Quellen:
1) Mehmet Dikmen ,,Das Recht der Frau im Islam"(Auf türkisch)
2) Elmalili, Quranerläuterung/Tafsir

 

Fragen an den islam

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