Ist die Gleichstellung von Mann und Frau überhaupt noch ein relevantes Thema?

Details der Frage

Ist die Gleichstellung von Mann und Frau überhaupt noch ein relevantes Thema?

Antwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

auf diese Frage direkt mit „ja“ oder „nein“ zu antworten ist schwierig, weil diese Frage zu ungenau ist. Die Frage muss präziser formuliert werden. „Wo? Bei welcher Angelegenheit? Auf welchem Aspekt?“ sind einige Kriterien. Aus rechtswissenschaftlicher Sicht bzw. vor dem Gesetz lautet die Antwort „ja“.

Wenn sich die Frage auf diesen Aspekt bezieht, muss darauf nicht weiter eingegangen werden, weil die Frage die Antwort in sich beinhaltet. Da es sich jedoch um zwei verschiedene Geschlechter handelt, kann dann von einer absoluten Gleichstellung von Mann und Frau eigentlich geredet werden?

So wie es Bereiche gibt in denen Männer und Frauen gleichrangig sind, kann der Mann in einigen Disziplinen einerseits viel überlegener oder auch viel minderwertiger sein. Deshalb ist dieser Sachverhalt nicht mit einer einzigen Betrachtungsweise zu lösen.

Falls man fragen sollte „Sind Männer oder Frauen die besseren Menschen?“, „gibt es Kriterien für die Vorzugsstellung eines Menschen? “, möchten wir folgendes hervorheben: die Vormachtstellung ist was anderes, die Überlegenheit und die Tugend sind was anderes. In diesem Zusammenhang ist es schwierig zu bestimmen wer überlegener ist, weil sowohl die Frau als auch der Mann, jeder Mensch für Allah ein sich hingebender Diener ist.
Wen Allah für überlegener bewertet, noch mehr schätzt und wer sein Wohlgefallen eher erlangt wird in der göttlichen Offenbarung des Qur`an deutlich. Demnach wird die Überlegenheit nicht nach dem Geschlecht, sondern nach dessen Rechtschaffenheit, Enthaltung vom Verbotenen und der Gottesfurcht bewertet. Taqwā ist der an der Stelle verwendete Begriff

Was bedeutet Taqwā? Kurz gesagt, bedeutet es Ehrfurcht vor Allah, Enthaltung von der Sünde, das Vermeiden von Handlungen, Verhalten, Gegebenheiten und Wörtern, die nicht seinem Wohlgefallen entsprechen. Sein Wohlgefallen zu erlangen ist das höchste Ziel, diese zu verlieren die größte Furcht. Demgemäß wird nach diesen Handlungsmustern die Überlegenheit und die damit verbundene Tugend eines Menschen bestimmt. Dabei wird dem Geschlecht keine Achtung beigemessen. Taqwā ist also mehr als eine konkrete Tat. Vielmehr ist es eine geistige Haltung die der Diener gegenüber seinem Schöpfer einnimmt.

Taqwā erinnert uns sofort an gute Handlungsweisen. Gute Handlungsweisen sind Verrichtungen von nützlichen, guten Aufgaben bzw. Tätigkeiten. Hier wird dem Geschlecht keine Gewichtung zugeordnet. Zum Beispiel wird für das Lesen jedes Buchstaben im Qur`an 10 gute, segensreiche Handlungen (sevap) gutgeschrieben. Dies gilt für alle Menschen. Demnach wird weder der Frau weniger noch dem Mann noch mehr anrechnetet.

Die Frage kann auch von der psychologischen Sicht thematisiert werden und folgendermaßen gefragt werden: Sind Mann und Frau psychologisch gesehen anders veranlagt?

Die Welt lässt sich nicht ohne Weiteres in "Männerthemen" und "Frauenthemen" trennen. Auch kann man nicht im absoluten Sinne sagen "Männer können/können nicht" oder "Frauen können/können nicht". 

Realistischerweise kann man jedoch oft im Alltag feststellen wie verschiedenen die Wahrnehmung von Mann und Frau sein kann. Im Islam herrscht dabei das Verständnis, dass Man und Frau einander komplettieren und zwei Hälften eines Ganzen darstellen. Der Islam erwartet von einem Individuum also nicht sich dem anderen Geschlecht anzueignen oder die eigens eingebildeten Makel/Charakteristika krampfhaft zu verändern.  

Bei detaillierterer Betrachtung der Umwelt wird deutlich, dass zwischen den Körpern und den seelischen, innerlichen Beschaffenheiten aller Lebewesen eine Harmonie besteht. Die Seele von einem Reh in den Körper eines Löwen zu stecken und zu zwingen sich reißend und brüllend wie einer zu benehmen, wäre eine Vergewaltigung solch einer liebenswerten inneren, seelischen Wesensart.

Jedes Brüllen und aggressive Verhalten würde einen Teil dieser Grazie und inneren Schönheit, welche ein Wesensbestand dieser Seele ist, zerstören. Eine Beeinflussung, Hinsteuerung zu männlichen Verhaltensmustern unter dem Deckmantel der Gleichstellung von Mann und Frau, wäre genauso eine Benachteiligung für die Frau.

Fragen an den islam

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