Bestraft mich Allah wenn ich meinen Bruder verfluche?

Antwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

der Islam verbietet es uns selbst oder andere Muslime zu verfluchen. Der ehrenwerte Prophet (s.a.s.) sagte dazu folgendes:

Verfluche nicht dich selbst, verfluche deine Kinder nicht, verfluche auch dein Ware nicht, vielleicht ereilt dein Gebet eine Zeit wo die Gebete akzeptiert werden und Allah akzeptiert dann deine Wünsche und dein Fluch wird wahr. (Müslim, Zühd 74; Ebu Davud, Vitir 27)

 

Der ehrenwerte Prophet (s.a.s.) scheute sich davor jemanden zu verfluchen, er sagte stets, dass er ein Prophet voller Gnade und Barmherzigkeit ist. (Müslim, Birr 87)

 

Der Islam motiviert uns stets dazu aufbauend und positiv auf unser Umfeld zu wirken.

Wir halten Licht in unserer Hand und keinen Knüppel („Bediüzzaman“ Said Nursi)

 

Auch wenn also die Menschen Fehler begehen geht es aus Sicht des Muslims immer darum, ihnen einen besseren Weg zu zeigen. Es geht darum sie näher zu Allah zu führen, ihnen bei der Beseitigung ihrer Fehler zu helfen, ihren Glauben zu stärken.

Als der ehrenwerte Prophet (s.a.s.) im Rahmen seiner Mission von aṭ-Ṭāʾif zurückkehrte wurde er Opfer eines Hinterhalts. Die Bewohner des Ortes steinigten ihn und er trug Verletzungen davon, seine Füße waren mit Blut übersehen. Daraufhin sprach Allah (c.c.) zum Propheten (s.a.s.) und versprach, diesen Ort mitsamt Einwohnern dem Erdboden gleich zu machen, wenn der Prophet (s.a.s.) dies nur wünsche. Doch er verneinte weil es denkbar ist, dass einmal aus den Reihen dieser Menschen Kinder geboren werden, die den Glauben finden.

Wir sehen also, dass selbst in solch einer Extremsituation die Verfluchung von Menschen immer noch keine beliebte Vorgehensweise des Propheten (s.a.s). Zwar gibt es einige spezielle Momente in der islamischen Geschichte, wo auch der Prophet (s.a.s.) anlassbezogen erzürnt war und entsprechend reagierte, allerdings werden diese mit Leichtigkeit durch die Barmherzigkeit und Güte seiner Prophetie überschattet.

Eine Überlieferung findet zum Thema eindeutige Worte

Den Glaubenden zu verfluchen kommt seiner Tötung gleich (Buhârî, Cenâiz 84, Müslim, Îmân 176, 177)

Zweifelsohne übermannen uns nicht selten unsere egoistischen Gefühle und wir verfluchen einen Bruder im Glauben, rein aus subjektiven und einseitigem Denken heraus. Völlig unverhältnismäßig spalten wir uns durch einen egoistischen Interessenskonflikt und vergessen dabei, dass wir unter dem Schirm des Glaubens doch Brüder sind. Der Gelehrte „Bedüzzaman“ Said Nursi geht intensiv auf diese Thematik in einem Kapitel ein, dies wollen wir hier abbilden:

»Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen.«

Betrachtet man die Dinge vom Standpunkt der Wahrhaftigkeit und Weisheit aus, vom Gesichtspunkt des Islam, der höchste Menschlichkeit ist, prüft sie hinsichtlich des individuellen Lebens, hinsichtlich des sozialen Lebens, hinsichtlich des spirituellen Lebens, so ist es abscheulich und verwerflich, zerstörerisch und verbrecherisch, sich auf verschiedene Seiten zu stellen und so einander verbissen zu bekämpfen und zu beneiden. Hierin liegt der Grund für Zwist und Zwietracht, Hass und Feindschaft unter den Gläubigen. Solche Dinge sind Gift für das Leben der Menschheit. Diese Tatsache kann man unter vielen verschiedenen Aspekten betrachten. Wir wollen hier sechs von ihnen verdeutlichen. Erster Aspekt: Ein Verbrechen im Hinblick auf die Wahrhaftigkeit.

Oh Mensch, der du unbillig und ungerecht Hass und Feindschaft gegen die Gläubigen nährst! Angenommen, du befändest dich auf einem Schiff oder in einem Haus und mit dir zusammen wären neun Unschuldige und ein Verbrecher. Wenn nun ein Mann versuchen wollte, dieses Schiff zu versenken oder dieses Haus niederzubrennen, so weißt du, welch unverhältnismäßiges Unrecht das wäre. Du würdest über diesem Unrecht die Himmel anrufen, dass sie dich hören sollen. Und selbst wenn es nur einen einzigen Unschuldigen unter neun Verbrechern gäbe, wäre es dennoch gegen jedwedes Recht und Gesetz, dieses Schiff zu versenken.

In gleicher Weise gilt: Vergleichen wir einen Gläubigen in seinem Wesen mit einem Haus des Herrn oder einem göttlichen Schiff, so finden sich darin nicht nur neun, nein, sogar zwanzig Attribute wie z.B. der Glaube, die Religion des Islam, eine gute nachbarschaftliche Gesinnung, deretwegen man ihn nicht verurteilen kann. Hegtest du nun etwa den Gedanken oder nährtest in dir gar den Wunsch, einem Gläubigen wegen einer schlechten Eigenschaft, die dich verletzt und dir nicht gefällt, Hass und Feindschaft entgegenzubringen und dieses unsichtbare Haus seiner Persönlichkeit im übertragenen Sinne zu zerstören, zu verbrennen, zu versenken, so wäre das wie in dem angeführten Beispiel eine gnadenlose, eine abscheuliche Ungerechtigkeit.

Zweiter Aspekt: Ein weiteres Verbrechen; eines im Hinblick auf die Weisheit.

Dies ist so, weil bekanntermaßen Liebe und Hass einander wie Licht und Finsternis entgegengesetzt sind. Beide können nicht miteinander gemeinsam in ihrem wahren Sinn und Wesen bestehen bleiben.

Wenn die Liebe im Herzen eines Menschen hinsichtlich der Qualität ihrer Beweggründe wirkliche Liebe ist, dann wird Hass unwirklich und verwandelt sich in Mitgefühl. In der Tat liebt ein Gläubiger seinen Bruder und muss ihn auch lieben. Das Böse in seinem Bruder aber erregt in ihm nur Mitgefühl. Nicht mit Gewalt bemüht er sich darum, vielmehr in Güte ihn zu veredeln. Darum bringt ein Hadith ganz klar zum Ausdruck: »Ein Gläubiger soll einem anderen Gläubigen nicht länger als drei Tage zürnen, Gespräch und Beziehung zu ihm nicht abbrechen.»

Gewinnen aber die Gründe für eine Feindschaft die Oberhand und bewirkt diese Feindschaft im Herzen eines Menschen wirklichen Hass, dann wird die Liebe darin unwirklich und führt zu Liebedienerei und Kriechertum. Oh du ungerechter Mensch, betrachte jetzt, was für ein Verbrechen es ist, seinem Gläubigen Mitbruder Hass und Feindschaft entgegenzubringen. Denn wenn du ganz gewöhnliche kleine Steine für wertvoller hältst, als den schwarzen Stein in der Kaaba und behauptest, sie seien größer als der Felsen von Uhud, was für eine Geschmacklosigkeit und welch eine Dummheit ist das dann. Ebenso möge doch einmal jemand, der einem Gläubigen, der so viele islamische Eigenschaften besitzt wie den Glauben, der so verehrungswürdig ist, wie der schwarze Stein in der Kaaba und noch dazu eine Gottergebenheit, die so gewaltig ist wie der Felsen von Uhud und die doch nach Liebe und Eintracht verlangen, wegen einiger kleiner Fehler, gewöhnlichen Steinen vergleichbar, Hass und Feindschaft entgegenbringt und diese vor dem Glauben und seiner Gottergebenheit bevorzugt, einsehen, was für eine große Ungerechtigkeit, wie unverständlich und zuhöchst grausam das ist; wenn er Verstand dazu hat!...

In der Tat verlangt die Einheit im Glauben sicherlich auch nach der Einheit der Herzen; und die Übereinstimmung in den grundsätzlichen Anschauungen erfordert auch die Übereinstimmung im Gemeinschaftsleben. Du kannst in der Tat nicht abstreiten, dass du gegenüber einem Mann, mit dem du zusammen in der selben Kompanie dienst, dass du dich diesem Mann gegenüber freundlich verbunden fühlst. Einem Soldaten gegenüber, der an deiner Seite dem selben Kommando unterstellt ist, erwächst in dir ein Gefühl der Kameradschaft. Einem Landsmann, der aus deiner Heimat stammt gegenüber, wirst du eine brüderliche Beziehung empfinden. Deshalb gibt es im Lichte und im Bewusstsein, dass der Glaube dir verleiht, entsprechend der Anzahl der göttlichen Namen, die ihn zeigen und erklären, ein Gefühl der Übereinstimmung, einträchtige Verbundenheit und eine brüderliche Beziehung. (… 22. Brief aus dem Werk „Briefe“)

Fragen an den islam

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