Was ist der Tod? Und wie ist er zu verstehen?

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Was ist der Tod? Und wie ist er zu verstehen?

Antwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

einer der Eigennamen Gottes ist „Imate“, was soviel wie, der Leben nehmende bzw. der Beendende, bedeutet. Gott ist der, der den Tod hervorbringt und den Menschen dieses auch widerfahren und erleben lässt. Durch den Tod wird das Zusammenspiel von Leib und Seele beendigt. Die Seele ist mit eines der vollkommensten und phantastischsten Kunstwerke Gottes, worüber wir Menschen am wenigsten Bescheid wissen. Durch die Leben spendende Wirkung Gottes gelangt die Seele zu ihrem Dasein und wird diese Ehre immer und ewig behalten dürfen. Die Seele lebt und sie wird niemals aufhören zu leben. Sowohl im Grab, dem jüngsten Tag, als auch im Himmel und der Hölle wird die Seele weiterexistieren. Sowie die Erschaffung der Seele einen Akt absoluter und höchster Intelligenz darstellt, ist es ebenfalls eine unübertreffliche Glanzleistung, voller Weisheit und Barmherzigkeit, jeder Seele einen angemessen Körper zu erbauen. Durch den Tod entkleidet sich die Seele ihres Leibes und scheidet sich dessen, um in ein eigens für die Seelen erschaffenes, anderes Reich auszuwandern. Der islamische Gelehrte Bedüizzaman Said Nursi betrachtet und beschreibt das Ableben in seinem Werk Risale-i-Nur folgendermaßen:

„…der Tod ist in der Tat ein Ortswechsel, die Befreiung der Seele, eine Entlassung aus dem Dienst. Er ist nicht eine Hinrichtung, ein Verlöschen, ein Nichts…“
„…dass Leben und Tod gleichermaßen erschaffen wurden und gleichermaßen eine Gnade sind…“
„…ist der Tod eine Dienstentlassung, das Ende der Arbeit, eine Ortsveränderung, ein Zustandswechsel, eine Einladung zu einem beständigen Leben, ein Anfang, eine Einführung in ein beständiges Leben. Sowie das Leben durch Erschaffung und Planung in die Welt kommt, so geschieht auch der Weggang aus dieser Welt durch eine Erschaffung und Planung, in Weiser und sinnvoller Leitung…“ ( Said Nursi, Briefe)

Gleich einem Soldaten, der bei der Aufnahme und bei der Entlassung aus der Armee bestimmte Verfahren über sich ergehen lassen und erdulden muss. Ähnlich ist es auch bei jedem einzelnen Menschen, der bei der Aufnahme in diese Welt, sowie bei der Verabschiedung aus dem Erdenleben ein bestimmtes Verfahren durchstehen muss. (Vergleichen wir den einzelnen Menschen mit einem Fluggast, der auf seiner Reise beim Ein- und Auschecken gewisse Prozeduren durchzumachen hat.)

Sowie das Leben sich an den Eigennamen „Muhyi“ (Der Leben Spendende) anlehnt, lehnt sich der Tod an den Eigennamen „Mümit“ (Der Leben Nehmende). Beides Sind wirkende Eigennamen Gottes. Während mit dem Akt der Lebensgebung die leblose Materie zum Leben erweckt wird, so wird durch das Leben nehmen diese Verbindung beendet.

In der Risale-i-Nur ist erwähnt, dass die Samenkörner erst durch ihren Tod in ein schöneres, duftenderes und farbenreicheres Leben übergehen. Schauen wir einmal einen Sonnenblumenkern und die durch ihren Tod entstehende Sonnenblume an. Um ein weiteres Beispiel zu nennen blicken wir auf die Hyazinthe. Aus der Zwiebel dieser winterharten Pflanze erwächst eine stark duftende Blütentraube. Dieses ist aber erst möglich durch das dahin Scheiden der Zwiebel (Samen). Diese Beispiele zeigen, dass das diesseitige, vorherige Leben eine Gnade Gottes ist, aber auch, dass das dimensionalere Leben nach dem Hinscheiden eine absolute Barmherzigkeit widerspiegelt. Der Tod gleicht einer engen Durchgangspassage zwischen dem Diesseits und dem Jenseits und ist als solches nicht weniger denkwürdig als das Leben. Wir nehmen diese frohe Botschaft auf und dehnen sie in unserer Vorstellung weiter aus und sehen, jedem Tod folgen eine Wiedererweckung und das die zweite Einheit, also das nachfolgende Leben, noch vollendeter und vollkommener ist als das vorhergegangene.

BSP:
Betrachten wir die Entwicklungsstadien einer Schwangerschaft. Wenn die Entwicklung der befruchteten Eizelle abgeschlossen ist, folgt die Embryonale Phase, welche im vergleich zu der vorherigen Phase besser, vollendeter und vollkommener ist. Nach Abschluss dieser Phase erfolgt eine erneute Steigerung durch die Fetale Phase, die wiederum im vergleich zu der Embryonalen Phase ebenfalls vollendeter, vollkommener, besser entwickelter ist.

Sowie die ausgebildeten Organe und Extremitäten eines Fötus nicht für den dauerhaften Aufenthalt im Mutterleib bestimmt sind, so ist auch die menschliche Seele nicht für einen dauerhaften Aufenthalt in dieser Welt bestimmt. Erst durch die Geburt in diese Welt erlangen die Organe und Extremitäten des Neugeborenen ihren Sinn und ihre funktionelle Bestimmung. Vergleichen wir diese Welt in die wir rein geboren sind mit der engen Fruchtblase, die uns während der ganzen neun Monate im Mutterleib umhüllt hatte. Aus der Sicht eines Babys betrachtet, ist das Ende der Schwangerschaft auch das Ende seines Lebens, weil es die Welt und das Leben außerhalb des Mutterleibes gar nicht kennt, geschweige denn es sich vorstellen kann. So ist auch der Tod gleich einer Geburt in eine größere, duft- und farbenreichere, gigantischere Welt als es das Diesseits je sein kann.

In den Entwicklungsstadien der meisten Lebewesen im Universum können wir ähnliches beobachten. Die Nachfolgenden Stadien der Entfaltung sind immer vollendeter als der vorherige Zustand.

All diese Wahrheiten, die voller Weisheit und Gnade sind, berichten uns, dass die Grabstätte (das Reich der Seelen), vollendeter, schöner und besser ist als diese Welt und das danach folgende jenseitige Leben wiederum um Dimensionen vollendeter, vollkommener, schöner, besser und gesteigerter sein wird als das Leben in der Grabstätte (Reich der Seelen).

Der Tod gleicht einem ersten Schritt zu einer neueren, vollkommeneren, vollendeteren Ebene des Seelenlebens. Dem Tod folgt das Grableben, diesem folgt die Auferstehung am jüngsten Tag, wodurch der Mensch erneut zu einer Leib und Seele Verbindung gelangen wird. Ein Mensch, der den Tod als etwas Natürliches und unumgängliches betrachtet, wird den Tod nicht fürchten und sogar gegebenenfalls ihn vertrauensvoll empfangen.

Fragen an den islam

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