Warum erfüllt Gott die Bittgesuche der Un- und Andersgläubigen?

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Warum erfüllt Gott die Bittgesuche der Un- und Andersgläubigen?

Antwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

Allah ist sowohl der Erbarmer (Rahman) als auch der Barmherzige (Rahim). Die Funktion der Erbarmung wirkt auf der Erde allumfassend. Das bedeutet, dass Allah alle Menschen ohne zu unterscheiden ob Gläubig oder Ungläubig, ja sogar alles Bestehende in Seine unendliche Barmherzigkeit einschließt. In Seiner Eigenschaft als Erbarmer wirkt Er nicht nur den Gläubigen Muslimen, sondern auch den Ungläubigen und Nichtmuslimen gegenüber barmherzig und versorgend. Er beantwortet auch ihre Fragen. Er akzeptiert und vollführt die Gebete von wem Er will, denn Er ist nicht nur der Gott der Muslime (Rabbu’l-müslimin), sondern Er ist der Gott aller Welten (Rabbu’l-âlemin). Auch wenn ein Mensch beim Gebet oder bei seiner Sehnsucht nicht direkt Allah anruft, so hört und sieht Allah doch alles. Auch Atheisten, die überhaupt nicht beten, können ihre Bittgesuche von Allah erfüllt bekommen. Wenn nur die Gebete der Gläubigen erhört werden würden, dann würden zwangsweise alle Menschen an den Einen Gott glauben und die irdischen Prüfungen hätten keinen Sinn.


“Und wenn dich Meine Diener nach Mir fragen, siehe, Ich bin Nähe. Ich will dem Ruf des Rufenden antworten, sobald er Mich ruft. Doch auch sie sollen Meinen Ruf hören und an Mich glauben; auf dass sie den rechten Weg wandeln mögen.“ (2/186)


Im oben erwähnte Qur-ân Vers ist die Allgemeingültigkeit hervorgehoben. Dieser Vers gilt nicht nur für Muslime, er ist universell und gilt für alle Menschen.
Aus diesem Blickwinkel betrachtet erscheint die den Nichtmuslimen durch Allah bewilligte großzügige Versorgung nicht mehr als kurios, denn Allah ist der Lebensspender und damit auch der Erhalter desselbigen.

Zum Beispiel, wenn eine Frau seitens vieler Ärzte für unfruchtbar, also zeugungsunfähig erklärt wird, sie aber inständig um Nachwuchs fleht, warum soll Gott ihr diesen Wunsch nicht erfüllen? Das bedeutendste Ergebnis einer Eheschließung ist ein Baby. Wenn diese natürliche Unentbehrlichkeit mit mündlichen Wehrufen und innigem Anflehen zum Ausdruck gebracht wird, wird die alles umfassende Barmherzigkeit Gottes diese Bitte nicht vorenthalten.

Wenn wir auf der Strasse einen armen und sehr bedürftigen Menschen antreffen und sein Zustand berührt uns so sehr, dass wir ihm helfen und ihm seinen Zustand erleichtern möchten, fragen wir ihn dann zuvor was er für ein Landsmann ist oder welcher Konfession er angehört? Nein, dass tun wir nicht und das wäre auch gar nicht richtig. Es ist ein Mensch in Not, dem geholfen werden muss, ganz gleich was er ist und wie er denkt. Der bedürftige Mensch fragt auch nicht nach der politischen oder konfessionellen Ansicht des Helfers, sondern er erfreut sich über jede Spende, die ihm seinen Zustand erleichtert. Wenn der Bedürftige in seinem Wohltäter Allah, Buddha oder Jesus sieht, dann ist dass in seiner Auffassung so. Sich über eine Gabe erfreuen und dafür zu Danken ist etwas ganz anderes als über den tatsächlichen Geber nachzudenken. Wie es so schön heißt, „Alles liegt im Auge des Betrachters“ und erst der jüngste Tag wird Gewissheit bringen.

In einer Abhandlung über die Wahrhaftigkeit von Bediuzzaman Said Nursi heißt es:

„Ihr sollt wissen, dass eure ganze Kraft aus der Wahrhaftigkeit und Gerechtigkeit erwächst. In der Tat liegt Kraft in der Gerechtigkeit und in der Wahrhaftigkeit. Auch die Ungerechten gewinnen Kraft aus ihrer Wahrhaftigkeit und Aufrichtigkeit, die sie in ihrem Unrecht zeigen.“…“denn innere Aufrichtigkeit, selbst im Bösen, bleibt nicht ohne Erfolg. Ja, was immer jemand in Wahrheit und Aufrichtigkeit wünscht, Allah wird es ihm geben.“

Diese Zeilen sind zwar ursprünglich an Muslime gerichtet, um ihren Glauben zu festigen, aber sie haben Gültigkeit für alle Menschen. Wer mit inständiger Absicht etwas möchte, dessen Ersuchungen bleiben nicht unerhört. Natürlich ist die flehende Person auch für die Konsequenz seiner Wunschroute verantwortlich. Jedoch ist es ein göttliches Gesetzt das inbrünstige Erflehen seiner Geschöpfe zu erhören und umzusetzen. Das Hauptaugenmerk liegt hierbei in der Wahrhaftigkeit der Gebete.

Die Funktion der Erbarmung wirkt hingegen im Jenseits. Dort wird eine zwischen den Gläubigen und Ungläubigen differenzierende Barmherzigkeit Gottes wirken, wie der folgende Vers verkündet:

„...doch Meine Barmherzigkeit umfasst jedes Ding; so werde Ich sie bestimmen für jene, die recht handeln und die Zakât zahlen und die an Unsere Zeichen glauben.“ (7/156)
 


Rechtleitung und Irreführung sind in Gottes Händen. Diese Tatsache bringen viele Verse zum Ausdruck. Jedoch Allah ist auch der Gerechte und Er leitet keinen in die Irre, der es nicht verdient, bzw. gewollt hätte irregeleitet zu werden. Wenn Allah einen Menschen im Irrtum verweilen lässt, dann nur weil dieser jemand das auch verdient, bzw. gewollt hat. Betrachten wir die folgenden Verse:


„Sind sie es, die die Barmherzigkeit deines Herrn zu verteilen haben? Wir Selbst verteilen unter ihnen ihren Unterhalt im irdischen Leben, und Wir erhöhen einige von ihnen über die anderen in den Rängen, auf das die einen die anderen in Pflicht nehmen mögen. Und die Barmherzigkeit deines Herrn ist besser als das, was sie anhäufen.
Und wenn nicht wäre, dass alle Menschen zu einer einzigen Gemeinde geworden wären, hätten Wir denen, die nicht an den Gnadenreichen glauben, Dächer aus Silber für ihre Häuser gegeben und silberne Treppen, auf denen sie hinaufsteigen und (silberne) Türen zu ihren Häusern und Ruhebetten, darauf zu liegen, sogar aus Gold. Doch all das ist nichts als eine Versorgung für das irdische Leben. Doch für die Gottesfürchtigen ist das Jenseits, bei deinem Herrn.
Wer sich vom Gedenken des Gnadenreichen abwendet, für den bestimmen Wir einen Teufel, der sein Gefährte werden soll. Und fürwahr, sie machen sie abwendig von dem Weg, jedoch sie denken, sie seien rechtgeleitet.“ (43/32-37)


Selbst wenn ein ungerechter Mensch seine Bittgesuche erfüllt bekommt und im Diesseits immer höher steigt und stetig erfolg hat, bedeutet das nicht, das er rechtgeleitet ist und ein wahrheitsliebender ist. Diese kontinuierliche Weiterentwicklung in materiellen/weltlichen Errungenschaften ist zugleich eine kontinuierliche Weiterentwicklung im Verfall seiner Spiritualität und damit auch seiner Menschlichkeit. Die Erfüllung von Bittgesuchen ist kein Maßstab zur Orientierung der Rechtleitung oder Irreführung. Allah nimmt vom wem Er will und Allah gibt wem Er will. Allah erhöht wen Er will und Allah erniedrigt wen Er will.


„Das weltliche Leben ist den Ungläubigen schön gemacht, und sie verhöhnen die Gläubigen. Die aber Gott fürchten, werden über ihnen stehen am Tage der Auferstehung; und Allah gibt, wem Er will, ohne zu rechnen.“ (2/213)

Fragen an den islam

Verfasser:
Fragen an den islam
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