Ich habe bei der rituellen Waschung (Wudu/Abdest, Gusl) und dem Gottesdienst ständigen Zweifel, was muss ich tun?

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Ich habe bei der rituellen Waschung (Wudu/Abdest, Gusl) und dem Gottesdienst ständigen Zweifel, was muss ich tun?

Antwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

diese Beklommenheit steht im Zusammenhang mit der Ängstlichkeit das Gebet unvollständig zu verrichten. Der Satan ist bemüht die Menschen von Gottesdiensten und Dankgebeten zu entfernen. Daher suggeriert er besonders den frommen Gläubigen, dass ihre Waschung ungültig ist, worauf sie mehrmals hintereinander erneut die rituelle Waschung (Wudu/Abdest) vollziehen bis wohlmöglich die Zweifel behoben sind oder aber auch bis der Gläubige die Waschung ganz unterlässt und somit beginnt das Gebet zeitweise auszulassen, weil er es satt hat permanent die Reinigung zu wiederholen. In Wirklichkeit aber ist die Waschung gar nicht ungültig, weil keinerlei äußerliche Anlässe, wie Urinieren, Blähungen (Pupsen), Stuhlgang sowie Blutungen gegebenen sind außer den inneren Zweifeln durch die Suggestion des Satans. Um diesen Umstand zu beheben heißt es in einer Überlieferung des ehrenwerten Propheten (sav): „Unterlasst nicht die rituelle Waschung aufgrund nicht sichtbarer (hörbarer) und nicht riechbarer Dinge.“ Jedoch ein bewusst wahrgenommener Zustand der die Waschung tatsächlich ungültig macht, sollte nicht mit den Gedanken „habe ich nicht gesehen (gehört) und oder nicht gerochen“ ignoriert werden.

Diese Art der Suggestion ist die am häufigsten anzutreffende Einflüsterung bei den Menschen. Der Gläubige möchte den Gottesdienst in der bestmöglichen und schönsten Form verrichten. Er meint also sein Handeln und sein Dienst müssen makellos sein. Wenn zu dieser Vorstellung dann auch noch die Gottesfurcht (Takva) hinzukommt, steigert sich diese Beklommenheit enorm. Fortlaufend nimmt also auch dann die Intensität der Einflüsterung zu. Es kann dann sogar so einen Grad erreichen, dass er, obwohl er danach strebt sein Handeln und seinen Gottesdienst in idealer Weise zu verrichten, etwas tut, was verboten (haram) ist. Gelegentlich führen die Bemühungen um die Wahrung der Tradition (Sunnah) dazu, dass sogar die gewichtigeren Pflichten (vadjib und farz) versäumt werden. Die Suggestionen sind in manchen Fällen derart beeinflussend, dass sich der Gläubige am Ende seiner geleisteten Gottesdienste immer fragt „Habe ich diese Handlung auch richtig ausgeführt?“ Nach einiger Zeit, wenn diese Zweifel noch andauern, fühlt er sich hoffnungslos und deprimiert. Der Satan zieht dann seinen Nutzen daraus und verwundet ihn. Von dieser Art der Beklommenheit betroffene Menschen fangen mit der rituellen Waschung an und werden dann von heftigem Zweifel befallen.

Hier ein Beispiel, wie dieser Teufelskreis der Beklommenheit seinen ermüdenden Lauf nimmt. Während der Gläubige noch seine Hände und oder Arme wäscht, beginnt er schon zu zweifeln ob er auch seine Extremitäten gewaschen hat. Folglich fängt er noch einmal von vorne an oder nach dem er seine Füße gewaschen hat und seine rituelle Waschung (Wudu/Abdest) eigentlich abgeschlossen ist, geht er zum Anfang zurück und oder er denkt sich „…wohl möglich habe ich meinen rechten Arm nicht mit gewaschen und habe meine Haare nicht befeuchtet…“ und wiederholt mit solchen Vermutungen seine Waschung mehrmals. Die Einflüsterung haben hierbei also voll zu geschlagen. Diese und ähnliche Handlungen haben sich dann bereits zu einer krankhaften Angewohnheit entwickelt.

Ich kannte viele solcher Personen. Unter ihnen war ein Bruder, der mit dem Gottesdienst neu begonnen hatte. Dieser begann ca. eine halbe Stunde vor dem Gebetsruf (Ezan) mit der rituellen Waschung und schaffte es schwer zum Pflichtteil des Gebets. Es kam vor, dass er aufeinander folgend fünf Mal die Waschung (Abdest) wiederholt hatte. Ich habe ihn dann erzählt, dass es sich dabei um Einflüsterung des Satans handelt (Vesvese). Die Situation nahm leicht ab, ging jedoch nicht ganz vorüber. Diese Art von Einflüsterung ist häufig bei der rituellen Waschung sowie bei der Ganzkörperwaschung (Gusl) anzutreffen, doch beim Gebet hingegen sind diese am intensivsten vorhanden. Im Normalfall können einer Person im Gebet allerlei Gedanken in den Sinn kommen. Doch jemand der diese ständigen Unsicherheiten im Gebet hat, bringt es nicht fertig sein Gebet bis zum Ende auszuführen, ohne dieses zu wiederholen. Wenn er in einer Gebetsstätte ist, schafft er es nicht zum Gemeinschaftsgebet oder er schafft es nur unter großer Anstrengung. Er beginnt mehrfach sein Gebet von vorne, sei dieses Gebet Sunna oder Farz. Er fühlt sich (beispielsweise) dazu gezwungen die eröffnende Sure Fatiha (1. Sure des Qur’ans) sowie andere zu rezitierende Suren zu wiederholen. Er möchte die Dinge des Gebets, die entweder Sunna oder einfach erwünscht sind im vollendeten ausführen, doch lässt er die Aspekte aus, die gewichtiger (Vadjib) oder gar Pflicht (Farz) sind und er macht sogar noch andere Fehler.

Man sollte auch folgendes beachten:
Wenn ein von Suggestionen betroffener Gläubiger von einem anderen aufgeklärtem Glaubensbruder des Besseren belehrt wird und trotz dessen den Einflüsterungen vom Seytan (Satan) folge leistet, so begeht er ganz klar einen Fehler. Denn er vertraut somit den teuflischen Suggestionen mehr als seinem belesenen Glaubensbruder, in dem er dessen Ratschläge ablehnt und die des Seytans (Teufels) vorzieht.

Es wird von Ubey bin Ka´b überliefert dass der Gesandte Gottes Muhammad (sallalahu aleyhi ve sellem = ungefähr:Allahs Segen und Heil auf ihn) folgendes gesagt haben soll:

„Es gibt einen Satan, der für die rituelle Waschung (das Wudu/Abdest) beauftragt wurde. Man nennt ihn Velehan (dies so, weil er verwirrt). So schützt euch vor der Einflüsterung beim Wudu und dem Gusl.“ (Tirmizi, Taharet:43; Ibni Mâce, Taharet:48.)

Man kann also bei der rituellen Waschung verwirrt werden, so dass man nicht einmal merkt, wie der Satan mit einem spielt. Man weiß nicht mehr bzw. ist sich nicht mehr sicher, ob man einen bestimmten Bereich des Körpers nun befeuchtet hat oder nicht, auch nicht wie oft man dies getan hat. Wichtig ist, dass man sich nicht auf die Suggestionen einlässt und kurz um seine Waschung vollzieht. Die Pflicht und die Sunnah bei der Waschung und im Gebet sind offenkundig und unmissverständlich. Es gibt eine Empfehlung vom ehrenwerten Propheten (sav), die diese Problematik schlicht und einfach behebt und die auch jeder unzweideutig begreifen kann. Eines Tages kam ein Beduine zum Propheten (sav) und fragte ihn, wie die rituelle Waschung denn vollzogen werde. Der Prophet (sav) wusch seine Körperregionen je dreimal und zeigte dem Beduinen auf diese Weise die Waschung und sagte folglich: „Das ist die Waschung. Wer mehr als das macht, der verlässt die Tradition (Sunnah), übertreibt, begeht einen Fehler und tut sich selbst damit unrecht.“ (Ibni Mâce, Ikame: 48)

Ibni Hacer, ein Hadis-Gelehrter der vor fünf Jahrhunderten lebte, sagt:
„Wir sahen viele Menschen (die von Einflüsterung betroffen waren), welche ihre Hände hunderte male gewaschen haben und sich dennoch nicht im Zustand der Reinheit (des Wudu) sahen''. Wir sehen also, dass auch Menschen, die vor Jahrhunderten lebten, mit Einflüsterungen konfrontiert waren. Der Teufel benutzt fortwährend dieselben Gefechtskünste und psychologischen Intrigen. So wie beim Abdest/Wudu, gibt es auch Hilfestellungen, die Zweifel und Einflüsterungen im Gebet zu vertreiben. Wir finden sie in Überlieferungen, hier sinngemäß: Laut der Überlieferung von Abdullah bin Amr, soll der Prophet (sav) folgendes gesagt haben: „Wenn einer von euch im Gebet ist, kommt der Satan zu ihm und sagt: ,,Erinnere dich an dies und das'', sodass der Diener Gottes sein Gebet im Zustand der Gottvergessenheit (Gaflet) verlässt. Und wenn einer von euch sich auf sein Bett legt, kommt der Satan zu ihm und versucht ihn so lange zum Schlafen zu bringen bis er einschläft.“
Natürlich können wir im Gottesdienst etwas vergessen z.B. was wir rezitiert haben, wie lange wir dies getan haben und wie viele Niederwürfe (Rekat) wir vollzogen haben. In so einer Situation sollte man nicht panisch werden, sondern die Lösung für das Problem wieder im Gebet suchen. Kein Mensch ist von der Vergesslichkeit geschützt, auch der ehrenwerte Prophet Muhammad (sav) konnte, wenn auch wenig, etwas vergessen. Ein Beispiel aus einer Überlieferung (Hadis): Abdullah bin Mes'ud berichtet: Der Gesandte Gottes (sav) verrichtete mit uns das Gebet. Entweder hatte er etwas zu viel oder etwas zu wenig getan, worauf hin die Gefährten ihn fragten: „Oh Gesandter Allahs (sav) wurde dem Gebet etwas hinzugefügt?“ Der Prophet (sav) erwiderte: ,,Ich bin nur ein Mensch. So wie ihr vergessen könnt, kann ich auch vergessen. Wenn einer von euch vergisst, soll er in seiner Sitzposition zwei Niederwerfungen machen.“ Dann wendete sich der Prophet (sav) in Richtung der Kaaba (Kibla) und verrichtete diese zusätzlichen Niederwerfungen. (Ibni Mâce, ikame: 129)

 

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