Darf ich als Muslim ein Spenderorgan annehmen falls das erforderlich wäre und ist es mir ebenfalls gestattet meine Organe an sterbenskranke Menschen zu spenden?

Details der Frage

Darf ich als Muslim ein Spenderorgan annehmen falls das erforderlich wäre und ist es mir ebenfalls gestattet meine Organe an sterbenskranke Menschen zu spenden?

Antwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

es gibt Angelegenheiten, die im Normalzustand unzulässig sind, welche aber in einer Notsituation zulässig werden. z.B.: einer verstorbenen schwangeren Frau deren Kind im Mutterleib noch am Leben ist soll nach Ansicht der meisten gelehrten per Not-Kaiserschnitt ihr Kind gerettet werden. Weil hierbei, wie bei einer Organspende, dem Verstorbenen etwas entnommen wird um jemand anderem das Leben zu retten. (Quelle: el-Ihtiyar, 4: 167; Reddü’l-Muhtar, 1: 602.) Auf diesen Rechtsbeschluss beziehend erfolgt die Antwort der Gelehrten bezüglich des Organtransfers.

Einen schwerkranken Menschen vor dem Tod und wohlmöglich vor dem Verlust weiterer wichtiger Organe zu wahren, dürfen aus dem Körper bereits verstorbener Menschen Organe entnommen werden, um dadurch anderen Patienten das Leben retten zu können. Überwiegend werden solche Operationsverfahren für Herz- und Nierentransplantation angewendet.

Es gibt jedoch einige Grundregeln die es zu befolgen gilt, wenn eine Organtransplantation bevorsteht:
• Eine Organtransplantation muss durch eine Lebensnotwendigkeit bedingt sein, dass heißt, durch eine Transplantation wird oder kann Leben gerettet werden.
• Diese lebensrettende Maßnahme muss ärztlich Diagnostiziert werden und als letzter Ausweg aus der lebensbedrohlichen Situation anzusehen sein. Das bedeutet, dass der Patient aller Voraussicht nach durch eine Organtransplantation eine drastische Steigerung seiner Lebensqualität erlangen wird bzw. sein Ableben ersichtlich hinausgezögert wird und oder aber auch möglichenfalls eine allgemeine Genesung eintreffen wird. Diese Art der Operation sollte tatsächlich der aller letzte Ausweg sein und dadurch sollte eine Besserung gewährleistet sein.
• Weiterhin sollte solch eine Diagnose von den erforderlichen Fachärzten und oder einer Ärzte Delegation gestellt und gegebenenfalls die Transplantation auch ihrerseits durchgeführt werden.
• Das Einverständnis oder eine Zustimmungserklärung (Organspende Ausweis) des Spenders sollte vorliegen, um nach seinem Ableben überhaupt Organe aus seinem Körper entnehmen zu können. Sollte der potenzielle Organspender keinen Spende Ausweis besitzen und zu Lebzeiten nie von Organspende gesprochen haben, so wendet man sich an die Hinterbliebenen.
• Hat der Verstorbene und somit potenzielle Organspender ein Testament aufgestellt indem eine mögliche Organspende verweigert wird, so muss das respektiert werden.
• Der potenzielle Organspender muss auch tatsächlich verstorben, also tot sein. Es ist absolut unzulässig, dass dem möglichen Organspender zu seiner Lebzeit ein Organ entnommen und einem Anderen implantiert wird. Somit wird ein gesunder Mensch zu einem Ungesunden verunstaltet und das ist nicht zweckdienlich. Auch bei einem Menschen, der in absehbarer Zeit (wenigen Stunden) seiner Krankheit erlegen wird, darf nicht aufgrund dieser Tatsache (auch wenn der Patient einer Organentnahme zustimmen würde) ein oder mehrere Organe entnommen werden. Es kommt schon mal vor, dass durch Ärzte schon zu Tode erklärte Patienten unerwarteter Weise doch weiterlebten und sogar Genesung finden. Der Tod muss eindeutig eingetroffen und durch einen Arzt diagnostiziert sein, ehe einem potenziellen Organspender ein Organ entnommen wird.
• Für einen gesunden Menschen, der eine seiner Nieren einem Schwerkranken Patienten spenden möchte, damit dieser überleben und eventuell wieder „gesund“ wird gilt folgendes. Wenn ihm durch die Abnahme einer Niere im Nachhinein keinerlei Unannehmlichkeiten entstehen und er sein Leben wie zuvor weiterführen kann, dann gibt es keine Einwände für seine Hochherzigkeit. Würde ihm nach der Abnahme einer Niere eine allgemeine Verschlechterung bevorstehen, wodurch er ein schwächeres Immunsystem erlangen und somit anfälliger für Krankheiten werden würde und oder er Medikamente einnehmen müsste, dann ist solch eine Organspende unzulässig. Das bedeutet, dass dem Organspender durch eine mögliche Spende in keiner Weise Nachteile entstehen dürfen und er damit keine Einbußung seiner Lebensqualität hat. Auch hierbei gehören Organspendeausweis und Einverständniserklärung des Spenders dazu. Ohne die rechtlichen Angelegenheiten geklärt zu haben ist eine Spende nicht möglich.

Das Hauptaugenmerk bezüglich dieser Thematik liegt in der Wahrung des Menschenlebens.
Denn eines der Maximen der Religion ist es das Leben zu wahren.
„Und wer ein Leben erhält, soll sein, als hätte er die ganze Menschheit am Leben erhalten.“ (Sure Mâide, Vers 32)
Gemäß diesem Vers ist es auch ebenfalls zulässig an einem Patienten, der viel Blut verloren hat, eine Bluttransfusion zu vollziehen ganz gleichgültig wer der Spender ist und woher er stammt (Konfessionsunabhängig). (Quelle:Yes’elûneke Fi’d-Dîn ve’l-Hayat, 1: 604-608.)
Die Organ- und oder Blutspende sollte ganz unentgeltlich erfolgen und keinerlei finanzielle Erwartungen beinhalten. Denn der Mensch samt seinem Körper (Körperteile, Organe) ist kein käuflicher Artikel, welcher zu beliebiger Zeit auf Reserve erkauft werden kann. Daher ist das Akzeptieren von Entgelten für eine Organ- und oder Blutspende strengstens untersagt und absolut unzulässig.
In den Hadithen ist überliefert, dass in einer für den Menschen lebensbedrohlichen Situation (Hungersnot oder Zwangslage) ursprünglich unerlaubte Handlungen zulässig werden und ihre Sündhaftigkeit aufgehoben ist. (Müsned, V, 96, 218; Ebû Dâvûd, “Et‘ime”, 36)

“…Wer aber dazu gezwungen ist, ohne Verlangen danach und ohne (das Maß) zu übertreten, auf dem sei keine Sünde; siehe, Allah ist verzeihend und barmherzig.“ (2/173)
„…Wer aber gezwungen wird, ohne Begierde und ohne Ungehorsam, nun, dann ist dein Herr verzeihend und barmherzig.“ (6/145)

Der Islam gebührt den Toten Ehrerbietung, aber der Erhaltung von Leben gebührt noch viel mehr Hochachtung.

 

Selam & Dua

Fragenandenislam - Team

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