Der Ramadan, ein Monat des Korans

Der Qurʾān nimmt einen hohen Stellenwert innerhalb der gottesdienstlichen Handlungen (ʿIbādāt) eines Gläubigen ein. Bei jedem unserer Gebete und Bittgebete finden sich Verse oder Passagen aus dem Qurʾān, sodass der Qurʾān auch gleichzeitig ein Gebetsbuch beziehungsweise ein Buch der Andacht darstellt.

Es gibt kein weiteres Buch auf der Welt wie den Qurʾān, bei dessen Rezitation der jenseitige Lohn pro gelesener Buchstabe mindestens zehn Belohnungen (ṯawāb) beträgt. Daher sollten Gläubige sich täglich vom Qurʾān bereichern lassen, zumal er nicht nur das Grundelement von Gottesdiensten bildet, sondern auch eine Quelle von Erkenntnis und Inspiration verkörpert.

So wie der Qurʾān also mit Blick auf die sprachliche Rezitation dem Gläubigen jenseitigen Lohn ermöglicht, so stellt er auch auf inhaltlicher Ebene eine einzigartige inspirierende Quelle der Erleuchtung dar. Millionen von Forschenden und Intellektuellen sowie Gelehrten und Exegeten schöpften Weisheit und Erkenntnis aus dieser Quelle, sodass durch die Inspiration am Qurʾān zahllose islamische Bücher verfasst worden sind. In Anbetracht dessen sollten wir bei der Rezitation des Qurʾān über seinen lehrreichen Charakter sowie seine Bedeutungsvielfalt nachdenken und reflektieren.

Den Qurʾān zu rezitieren, ihn zu lesen, regt ebenfalls dazu an ihn zu leben, also sich mit seinen Werten, seiner Moral und seiner Tugend zu bestücken. Dies wird nur dann möglich sein, wenn wir die in ihm verborgenen außergewöhnlichen Erkenntnisse und Wirklichkeiten mit unserem Verstand aufnehmen und diese unserem Geist, unserer Seele vermitteln.
Der Qurʾān als vollkommene Expression der Erkenntnis ist ein Wegweiser für Herz und Verstand, welcher dem Menschen zur ewigen Glückseligkeit verhilft.

Der Prophetengefährte ʿAbdullāh ibn Masʿūd (r.a.) merkt diesbezüglich an: „Durchforscht den Qurʾān, denn in ihm ist das Wissen über die Früheren sowie Späteren enthalten.“(1)
Diese Aussage zeugt vom grenzenlosen Vermögen des Qurʾān, welches nur mit einer großen und andauernden Bemühung erreicht werden kann.

Selbst wenn man den Qurʾān mehrere Male liest, sorgt er anders als die meisten Schriften und Bücher für eine frische Motivation und Begeisterung in der Psyche, statt den Leser zu langweilen. Gläubige die den Qurʾān lesen beziehungsweise rezitieren, verspüren dies bei sich selbst und bringen somit den inhaltlichen Reichtum des Qurʾān in Erfahrung. Somit ähnelt der Qurʾān einem sich stetig erneuernden Organismus, da er immer aufs Neue den Menschen inspiriert und ihn zur Reflexion anregt.

Auch Werke und Schriften die dem Qurʾān entlehnt sind oder auf seiner Inspiration beruhen, lassen darauf schließen, dass der Qurʾān den Verstand und das Gehirn sowie die Seele und das Herz bedient, als wäre er gleich einem fruchtbaren blühenden Baum der Früchte trägt. So betont der Schwiegersohn des Propheten (s.a.s.) Alī b. Abī Ṭālib (r.a.): „Das Lesen des Qurʾān stärkt den Verstand des Menschen.”(2)

Sicherlich wird es nicht möglich sein an dieser Stelle alle Vorzüglichkeiten und Besonderheiten der Rezitation zu nennen. Wir können jedoch festhalten, dass das schöne und klangvolle Rezitieren des Qurʾān sowie seine intellektuelle Vertiefung zu den Dingen gehört, die den Propheten am meisten Freude und Zufriedenheit bereiteten.

In einer Überlieferung heißt es sinngemäß:
„Allah (c.c.) schenkt demjenigen, der den Qurʾān rezitiert mehr Gehör, als es ein Mensch dem Gesang einer Sängerin gegenüber tut.”(3)

Eines Abends erwartete der Prophet unsere Mutter ʿĀʾiša (r.a.), die sich verspätet hatte. Als sie schließlich zum Propheten trat, fragte er sie:
„Was war es das dich aufhielt?“
ʿĀʾiša (r.a.) antwortete:
„Oh Gesandter Gottes, ich wurde durch die Rezitation einer Person aufgehalten der ich Gehör schenkte, bisher hörte ich keine derartig schöne Rezitation des Qurʾān.“

Daraufhin ging der Prophet (s.a.s) gemeinsam mit ʿĀʾiša (r.a.) zu dieser Person und sie hörten gemeinsam der Stimme zu. Erfreut über diese klangvolle Rezitation sagte der Prophet (s.a.s) zu ʿĀʾiša:
„Dies ist Sâlim, der ehemalige Bedienstete von Abu Ḥuḏāfa. Dank sei Allah (c.c.), der in meiner Umma Menschen wie ihn erschaffen hat.“(4)

Diese Überlieferungen zeigen uns ebenfalls, dass die schöne, klangvolle und auf den Inhalt abgestimmte Rezitation des Qurʾān sehr vorzüglich und nutzbringend ist.

Der Qurʾān ist ein Buch welches das gesamte Universum umfasst, denn es bezieht sich auf jegliche Formen der Existenz und weist manchmal mit dem Verweis auf einen Stern, manchmal mit dem Verweis auf ein Atom auf die Einheit Gottes („Tauḥid“) hin. Er betont vielfach die Allmacht und Barmherzigkeit Gottes. So wie etwa in folgendem Vers:

„Vor Allah (c.c.) ist nichts verborgen, weder auf der Erde noch im Himmel. Er ist es, Der euch im Mutterleib gestaltet, wie Er will. Es gibt keinen Gott außer Ihm, dem Allmächtigen und Allweisen.“(5)

Daher finden auch die Engel Genuss daran, der Rezitation des Qurʾān zu zuhören. Wenn also ein Gläubiger den Qurʾān rezitiert, kommen sie auf die Erde herab und umkreisen erfreut diese Stelle.(6)

Wenn wir also Allah (c.c.), seinen Gesandten (s.a.s.) und die Engel erfreuen möchten, unsere Welt uns unser Leben erleuchten möchten, so sollten wir den Qurʾān in seiner ihm würdigen Form lesen, rezitieren und von seinen Weisheiten profitieren.

Je mehr wir über den Qurʾān als eine Quelle der Barmherzigkeit und Heilung sowie als ein Wegweiser für die ewige Glückseligkeit des Menschen reflektieren, umso höher wird der Nutzen sein, den wir von ihm erlangen.

So wie es der Gefährte Ibn Masʿūd (r.a.) betonte, müssen wir den Qurʾān erforschen, wie ein Wissenschaftler analysieren und vertiefen.

1) Iḥyāʾ ʿUlūm ad-Dīn, 2:14,78.

2) Iḥyāʾ ʿUlūm ad-Dīn, 2:14,78.

3) Ibn Māǧa, Iqāmatu ṣ-ṣalāt,76.

4) Ibn Māǧa, Iqāmatu ṣ-ṣalāt,76.

5) Sure Āl-i ʿImrān 3:5-6

6) Muslim, alātu l-musāfirīn, 242.

 

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